Organspendezahlen 2016 auf Niedrigstniveau

Wie jedes Jahr im Januar gab die DSO die vorläufigen Organspendezahlen für das vorhergehende Jahr bekannt: 2016 haben in Deutschland nur 857 Menschen Organe nach Ihrem Tod gespendet. Das ist der absolute Negativrekord! Eigentlich hatte man ja gedacht, nach dem sogenannten „Transplantationsskandal“ wäre wieder Vertrauen aufgebaut worden und das Blatt würde sich zum Besseren wenden. Falsch gedacht! Es ist ja nicht so, dass nichts passiert wäre seit Aufdeckung der Listenmanipulationen. So wurde das Transplantationsgesetz mehrfach modifiziert, das sogenannte Sechs-Augen-Prinzip wurde eingeführt, alle Transplantationszentren werden mindestens einmal in drei Jahren unangemeldet überprüft, auch sind Wartelistenmanipulationen mittlerweile strafbar und können mit Freiheitsstrafe belegt werden usw..

Scheinbar haben diese vertrauensbildenden Maßnahmen nichts gebracht. Über 10.000 Patienten stehen in Deutschland weiterhin auf den Wartelisten und warten dringend auf ein Spenderorgan. Drei davon sterben täglich!

Erste Ergebnisse der aktuellen BZgA-Repräsentativbefragung (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung) zeigen eigentlich ein durchaus positives Bild. Gefragt wurde, wie man zur Organspende steht und hier ist das Ergebnis: 81% der Befragten hatten eine positive Einstellung zu diesem Thema und 32 % gaben an, einen Organspendeausweis zu besitzen. Anscheinend wird hier nicht immer wahrheitsgemäß geantwortet. Jeder der aktiv mit Aufklärungsarbeit über Organspende zu tun hat, schaut verwundert auf diese Zahlen. Transplantationsmediziner und die DSO gehen im Gegenteil davon aus, dass nur etwa 10 % der tatsächlichen Organspender einen Organspendeausweis besaßen.

Insgesamt scheint ja eine gewisse Bereitschaft, Organe nach dem Tode zu spenden vorhanden zu sein. Warum sind dann die Zahlen derart schlecht? Natürlich ist ein Grund die damalige Wartelistenmanipulation in einigen Transplantationszentren.

Hatten wir 2010 noch 1296 Spender, so kam es nicht zuletzt wegen dieser Tricksereien zu einem massiven Einbruch. Das ist aber sicher nicht der einzige Grund: Länder mit der sogenannten Widerspruchslösung stehen bei der Organspende wesentlich besser da als Deutschland. Spanien hat beispielsweise ein sehr erfolgreiches Organspendeprogramm. Hier kommen auf eine Million Einwohner etwa 35 Organspender. In Deutschland sind es nur rund 10 Spender.

Von der politischen Seite kann man in Richtung Widerspruchslösung nichts erwarten. Seit Jahren oder Jahrzehnten hört man immer wieder, dass diese in Deutschland nicht durchsetzbar wäre. Wahlen lassen sich nämlich mit dieser nicht gerade populären Thematik nicht gewinnen. Dafür ist die Betroffenengruppe einfach zu klein.

Die wichtigsten Schaltstellen bei der Organspende sind sicher die Entnahmekrankenhäuser. Mit der bundesweiten Einsetzung von Transplantationsbeauftragten in den Krankenhäusern ist man auf einem guten Weg. Deren Aufgabe soll aber nicht „mit der linken Hand“ erledigt werden, sondern mit Empathie für diesen ganz speziellen Bereich und muss eine Wertschätzung nicht zuletzt durch die Klinikleitung erfahren.

Oft werden solche oft unbeliebten Spezialaufgaben irgendjemandem „aufs Auge gedrückt“, nur um den gesetzlichen Vorschriften genüge zu tun. Das ist aber absolut kontraproduktiv. Das sensible Thema Organspende braucht dringend den engagierten „Kümmerer“ vor Ort, der sich einsetzt und auch die Mitarbeiter, die damit zu tun haben, entsprechend motiviert. Nur wenn alle in der Klinik, die mit Organspende zu tun haben, an einem Strang ziehen, kann eine Verbesserung der Situation erreicht werden.

Das Bundesministerium für Gesundheit hat in Zusammenarbeit mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung eine neue Informationskampagne für Organspende gestartet. Das Motto dieser Aktion ist: „Egal wie Sie ihn tragen, Hauptsache Sie haben ihn. Den Organspendeausweis. Informieren, entscheiden, ausfüllen“. Bisher haben solche Kampagnen wenig gebracht. Am Ende des Tages zählen halt nur die Fakten!

Aussichtsreicher scheint die Initiative „Bündnis Organspende Bayern“ zu werden, die am 14. März 2016 vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege gegründet wurde. Dieser Aktionsgemeinschaft gehören mehr als 60 Partner an. Dazu zählen neben den gesundheitspolitischen Institutionen auch Kirchen, Sozialverbände und Vertreter der Medien.

Auch der Landesverband Niere Bayern e.V. ist mit dabei. Vorbild war wohl das Aktionsbündnis Organspende Baden Württemberg, das bereits seit 2006 besteht.

In der Präambel der Initiative heißt es: „Ziel des Bündnisses ist es, eine Sensibilisierung aller Bevölkerungsschichten für das Thema Organspende zu erreichen und beizutragen, dass sich alle Bürgerinnen und Bürger Bayerns mit der Frage der eigenen Organspendebereitschaft auseinandersetzen und hierzu eine informierte und selbstbestimmte Entscheidung treffen (Kultur der Organspende).“

Nach der Sitzung der Gesamtgruppe am 14.12.2016 wurden folgende Leitsätze verabschiedet:

Leitsatz 1

Organspende schenkt Leben.

Leitsatz 2

Organspende ist eine Herzensangelegenheit, ein Akt der Solidarität und Nächstenliebe.

Leitsatz 3

Jeder Mensch sollte persönlich entscheiden.

Leitsatz 4

Ein Organspendeausweis schafft Klarheit – auch für die Angehörigen.

Leitsatz 5

Gemeinsam für eine Kultur der Organspende

Als „Leuchtturmprojekt“ wird der Bayerische Fußball-Verband, der Mitglied im Bündnis ist, das letzte Spielwochenende im April und am 01.Mai 2017 unter das Motto Organspende stellen. Rund 4000 Vereine bayernweit -allerdings nur unterhalb der Profi-Ligen- werden sich daran beteiligen. Im Sender Sport 1 wird am 01. Mai 2017 live um 20:15 Uhr das Spiel Burghausen gegen Unterhaching übertragen. In einer Pressemitteilung der bayerischen Gesundheitsministerin Melanie Huml heißt es: “Ziel ist es, sowohl medial als auch vor Ort möglichst viele Menschen mit dem Thema Organspende in Berührung zu bringen. Fußball hat eine hohe gesellschaftliche Integrationskraft. Dies möchten wir nutzen, um das Thema Organspende bayernweit in die Fläche – hier konkret auf den Fußballplatz – zu bringen.

Bei der Sitzung am 14.12.2016 warb Peter Kreilkamp von TransDia e.V. mit einer Präsentation für die Bewerbung für die „World Transplant Games“, die in München stattfinden sollen.

Grundsätzlich wurde eine Bewerbung von der Gesamtgruppe befürwortet. Man erhofft sich durch eine professionelle mediale Aufbereitung solcher Spiele eine hohe Aufmerksamkeit für die Leistungen der transplantierten Sportler und nachfolgend eine höhere Organspendebereitschaft in der Bevölkerung. Noch ist unklar war, wer die Kosten der Bewerbung tragen soll.

Grundsätzlich sind solche Initiativen zu begrüßen. Man kann aber nicht erwarten, dass sich sozusagen von heute auf morgen das Spendeverhalten wesentlich ändert. Geben wir dem Bündnis für Organspende Zeit und eine Chance. Letztendlich muss es sich an den Spenderzahlen messen und bewerten lassen.

Übrigens hat in den Niederlanden das Parlament beschlossen, dass bei der Organspende künftig das Widerspruchsrecht gelten soll. Dr. med. Theodor Windhorst, Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, sprach sich für eine neue Debatte aus. Die Zeit sei reif für eine neue Diskussion über die Widerspruchslösung. Recht hat er!