Versagen des deutschen Organspendesystems

Dramatische Entwicklung bei den Organspenden 2017
-Tiefpunkt erreicht!

Jetzt haben wir es schwarz auf weiß: Die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) meldet wie jedes Jahr im Januar die Spenderzahlen für das vorhergehende Jahr. Bundesweit gab es 797 Organspender, 60 weniger als 2016, so die DSO in ihrem Bericht. Während im Jahr 2016 insgesamt noch 2867 Organe transplantiert werden konnten, waren es 2017 nur noch 2594. Ein Einbruch von fast 10 Prozent!
Das ist der niedrigste Stand bei den Organspenden seit 20 Jahren. Ein Skandal!

Gleich nach der Veröffentlichung des Berichts war der Aufschrei in der Presse hoch
– genau für zwei Tage – dann verschwand dieses Thema wieder im Nirwana. Sogar Christina Berndt von der Süddeutschen Zeitung, die in den letzten Jahren ja kein gutes Haar an der Transplantationsmedizin gelassen hat, schreibt in ihrem Kommentar vom 12.01.18: „Deutschland ist international nicht mehr ernst zu nehmen. Jedenfalls wenn es um Organspenden geht. Der gerade erschienene Jahresbericht der Stiftung Eurotransplant attestiert der Bundesrepublik ein krankes, kurz vor dem Siechtum stehendes Transplantationssystem“

Eigentlich kennt man die Gründe für diese desolate Situation. Und die haben wenig zu tun mit der Organspendebereitschaft der Bevölkerung, oder mit der unzureichenden Versorgung mit Organspenderausweisen. Umfragen zeigen immer wieder, dass die Mehrheit der Bevölkerung Organspende und Transplantation für eine gute Sache halten und durchaus bereit wären, nach dem Tode Organe zu spenden bzw. im Falle einer schweren Erkrankung auch selber eines anzunehmen.

Die Kliniken sind nach dem Transplantationsgesetz verpflichtet, potentielle Organspender zu melden. Es passiert aber nichts, wenn sie es nicht tun. Wozu braucht man ein Gesetz, wenn klare Gesetzesverstöße nicht sanktioniert werden? Oft ist es für ein Entnahmekrankenhaus lukrativer, nach Feststellung des Hirntods den Totenschein auszustellen und die Bestattungsfirma zu rufen. Die Pauschalen, die an die Kliniken für einen Organspender bezahlt werden, sind einfach zu gering. Häufig werden auch Transplantationsbeauftragte einfach bestimmt, ohne dass man überhaupt die Einstellung der jeweiligen Person zur Organspende und Transplantation überprüft. So gehen viele Organe „verloren“, die schwerkranken Patienten ein Weiterleben sichern könnten.

Prof. Bruno Meiser, der Leiter des Transplantationszentrums München-Großhadern und Präsident von Eurotransplant erklärt die Situation zur medizinischen Katastrophe und schreibt in der SZ v. 17.01.18 :“Rettet die Organspende“. Er fordert dringend einen nationalen Aktionsplan unter Federführung des Bundesgesundheitsministeriums. Neben einer adäquaten Vergütung für die Krankenhäuser; der Sanktionierung der Kliniken, die nicht an der Organspende teilnehmen; der zusätzlichen Bezahlung für Transplantationsbeauftragte sollte auch endlich die Widerspruchslösung eingeführt werden.

Auch der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach fordert angesichts der miserablen Spenderzahlen die Einführung der Widerspruchslösung. „Wir können verlangen, dass sich jeder aktiv erklärt, der seine Organe im Todesfall nicht für das Leben anderer Menschen hergeben möchte“, sagte der SPD-Politiker. Außerdem sollte die Spende nach einem Herzstillstand, wie sie in vielen Ländern Europas praktiziert wird, ebenfalls bei uns möglich sein.

In Nordrhein-Westfalen, wo der Einbruch besonders stark war, hat der Landtag fraktionsübergreifend für Organspende geworben. „Es ist fünf vor zwölf.”, sagte Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Donnerstag in einer Aktuellen Stunde.

Die DSO forderte bereits im November auf dem Jahreskongress einen Initiativplan mit klar definierten Handlungsschritten. Alle für die Transplantationsmedizin wichtigen medizinischen Fachgesellschaften, die Politik und die Patientenverbände sollten mit eingeschlossen werden, um die Organspende wieder gemeinsam auf Kurs zu bringen.

Jahrelang wurde von der Politik und teilweise auch von den Ärzten zugesehen, wie sich die Spenderzahlen immer weiter abwärts entwickelten. Was muss eigentlich noch passieren, dass endlich einmal reagiert wird? Es ist doch ein Schlag ins Gesicht eines jeden Patienten, der auf der Warteliste steht und durch ein etabliertes Verfahren gerettet werden könnte.

Tut endlich was!

Es kann nicht angehen, dass viel zu viele Schwerkranke auf der Liste versterben nur durch Versagen der Politik und Organisationsprobleme in den Kliniken. Man kann solche Sätze nicht mehr hören wie „Das ist bei uns nicht durchsetzbar.“ oder „Da bekommt man keine Mehrheit.“. Wie wollen wir denn den Patienten erklären, dass sie früher sterben müssen, weil sie in Deutschland und nicht in Spanien, Österreich oder Kroatien leben?
Fakt ist: so kann es nicht weitergehen!

Müssen bei uns wirklich auch in Zukunft jeden Tag Menschen auf Wartelisten sterben?
Müssen wir wirklich Schlusslicht in Europa bleiben?
Geht es statt um schwerkranke Menschen immer nur ums Geld?

Wir fordern, dass dieses dringende Problem schnellstens gelöst wird!