Blutverdünnung (Antikoagulation) bei chronischer Niereninsuffizienz und Dialyse

Nierenkranke Patienten leiden häufig an Herzrhythmusstörungen wie beispielsweise dem Vorhofflimmern. Um das Risiko eines Schlaganfalls zu senken, ist die Einnahme eines Blutverdünnungsmittels zwingend erforderlich.
Wer könnte uns über diese Thematik wohl besser Auskunft geben als Prof. Dr. med. Matthias Blumenstein, Chefarzt der Nephrologie und ärztlicher Direktor der Klinik Augustinum München?
Prof. Blumenstein hatte auf Anfrage auch sofort zugesagt, uns im Rahmen unseres Stammtisches am 19.03.2017 einen Vortrag  über diese wichtige Problematik zu halten.

20170319_153612-1 (1)Grundsätzlich ist eine Antikoagulation notwendig, und zwar unabhängig davon, ob der Patient nierenkrank ist oder nicht:

– nach einer Herzklappenoperation, falls eine mechanische Klappe eingesetzt wurde
– nach Venenthrombosen mit oder ohne Lungenembolie
– bei hereditären Thrombophilien (vererbte Neigung zu Thrombosen)
– als Embolieprävention bei Vorhofflimmern

20170319_144934Bei jedem vierten Schlaganfall ist ursächlich Vorhofflimmern verantwortlich, so der Referent. Als Embolieprophylaxe wurden bis zur Einführung der sogenannten neuen oralen Antikoagulanzien (NOAK) in erster Linie Vitamin-K-Antagonisten wie Phenprocoumon (Marcumar) verordnet.

Typische Vertreter der neuen Gerinnungshemmer sind  Apixaban, Dabigatran, Rivaroxaban. In zahlreichen Studien konnte nachgewiesen werden, dass diese neuen Blutverdünnungsmittel den Vitamin-K-Antagonisten überlegen sind. Vor allem ist die Blutungsgefahr und somit auch das Risiko für tödliche Blutungen geringer. Außerdem sind die häufigen Kontrollen der Gerinnung (Quick, INR) nicht mehr notwendig. Vitamin-K-haltige Lebensmittel wie Spinat, Broccoli oder verschiedene Kohlsorten müssten auch nicht mehr vom Speiseplan verschwinden.

20170319_144614Das Problem ist nur, und hier stecken die Nephrologen in einem Dilemma, dass diese neuen Antikoagulanzien größtenteils über die Nieren ausgeschieden werden. Einer der wichtigsten Parameter zur Beurteilung der Nierenfunktion, ist die glomeruläre Filtrationsrate (GFR). Die GFR  ist das pro Zeiteinheit von den Glomeruli filtrierte Volumen. Es wird in der Regel in der Einheit ml/min angegeben. Bei einer GFR unter 35 ml/min. empfiehlt Professor Blumenstein Apixaban (Eliquis), da es zu über 60 % von der Leber verstoffwechselt wird. Unter 15 ml/min GFR bleibt der Goldstandard ein Vitam-K-Antagonist.

Zusammenfassend kann man sagen, dass eine notwendige Blutverdünnung bei Nierenkranken nicht einfach zu handhaben ist und in die Hände von Spezialisten wie Nephrologen oder Internisten gehört. Keinesfalls sollte man als Patient selber etwas an der Medikation ändern.

20170319_160652Großes Dankeschön an Herrn Professor Blumenstein für den interessanten Vortrag und für die Geduld, die zahlreichen Fragen zu beantworten.