Organspendezahlen 2016 auf Niedrigstniveau

Wie jedes Jahr im Januar gab die DSO die vorläufigen Organspendezahlen für das vorhergehende Jahr bekannt: 2016 haben in Deutschland nur 857 Menschen Organe nach Ihrem Tod gespendet. Das ist der absolute Negativrekord! Eigentlich hatte man ja gedacht, nach dem sogenannten „Transplantationsskandal“ wäre wieder Vertrauen aufgebaut worden und das Blatt würde sich zum Besseren wenden. Falsch gedacht! Es ist ja nicht so, dass nichts passiert wäre seit Aufdeckung der Listenmanipulationen. So wurde das Transplantationsgesetz mehrfach modifiziert, das sogenannte Sechs-Augen-Prinzip wurde eingeführt, alle Transplantationszentren werden mindestens einmal in drei Jahren unangemeldet überprüft, auch sind Wartelistenmanipulationen mittlerweile strafbar und können mit Freiheitsstrafe belegt werden usw..

Scheinbar haben diese vertrauensbildenden Maßnahmen nichts gebracht. Über 10.000 Patienten stehen in Deutschland weiterhin auf den Wartelisten und warten dringend auf ein Spenderorgan. Drei davon sterben täglich!

Weiterlesen

RICHTIG. WICHTIG. LEBENSWICHTIG.

Nationaler Tag der Organspende am 04.06.2016 in München

„Richtig. Wichtig. Lebenswichtig.“ Unter diesem Motto stand dieses Jahr der  nationale  Tag  der Organspende, der am 04.06.2016 in München stattfand.  Seit 1983 informieren Selbsthilfeverbände wie beispielsweise der Bundesverband Niere e.V., jeweils am ersten Samstag im Juni, über das Thema Organspende und Organtransplantation.
Dieses Thema gehört zweifelsfrei in die Mitte der Gesellschaft und dankenswerterweise wurde von der Stadt München auch der Marienplatz, also die Stadtmitte, für dieses Ereignis zur Verfügung gestellt.

Weiterlesen

Kriterien zur Aufnahme auf die Warteliste für Nierentransplantationen

Vielen nierenkranken Patienten, die bereits auf eine Dialysebehandlung angewiesen sind, ist eigentlich nicht klar, wie sie auf die Warteliste für eine Nierentransplantation kommen. Wie ist der Weg, bin ich überhaupt geeignet, wie lange dauert das Procedere und mit welcher Wartezeit habe ich zu rechnen sind wohl die häufigsten Fragen.

Wer könnte hier wohl besser Auskunft geben als Frau PD Dr. Antje Habicht, nephrologische Oberärztin im Transplantationszentrum der LMU? Wir sind sehr froh und dankbar, dass sie sofort zugesagt hat, einen Vortrag über diese Thematik im Rahmen unseres monatlichen Stammtisches zu halten.

IMG_3573Antje Habicht ging zuerst auf den eklatanten Rückgang der Transplantationen in den letzten Jahren ein, der in erster Linie auf den sogenannten Transplantationsskandal zurückzuführen ist.

Weiterlesen

Aktuelle Entwicklungen in der Nierentransplantation

Zu unserem Stammtisch am 21.02.2016 im Hotel zur Post in München-Pasing hatten wir auch diesmal wieder einen renommierten Experten eingeladen. Über aktuelle Entwicklungen in der Nierentransplantation berichtete. Prof. Dr. Stefan Thorban, Oberarzt und leitender Transplantationschirurg in der Chirurgischen Klinik und Poliklinik im Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München. Er zeigte zum Einstieg eine Folie mit der Gesamtzahl der transplantierten Organe von 1963 – 2014. Insgesamt wurden in diesem Zeitraum deutschlandweit 120.500 Organe transplantiert, davon 78.100 Nieren.

20160221_161753Die Hauptindikationen für eine Nierentransplantation sind eine zystische Nierenkrankheit, das chronisch nephritische Syndrom, eine chronische Nierenerkrankung, der primär insulinpflichtige Diabetes mellitus (Typ-1-Diabetes) sowie die hypertensive Nierenkrankheit. Derzeit stehen etwa 9000 Patienten auf der aktiven Warteliste für eine Nierentransplantation.

Weiterlesen

Organspendelauf am 29.04.2015 „Lauf gegen die Zeit“

Anlässlich des 132. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie fand am 29.04.2015 im Hofgarten ein „Organspendelauf“ statt. Diese Veranstaltung sollte auf die missliche Organspendesituation in Deutschland aufmerksam machen. 11000 Patienten stehen auf der Warteliste für ein lebensrettendes Organ, die Bereitschaft der Bevölkerung Organe nach dem Tod zu spenden, sinkt aber immer weiter ab. Nach Aussage des Veranstalters hatten sich über 350 Läuferinnen und Läufer für diesen Lauf angemeldet. Aufgrund behördlicher Auflagen konnten aber nur 250 Teilnehmer berücksichtigt werden. Die Laufstrecke betrug ca. 4,8 km, die Strecke konnte einmal oder zweimal durchlaufen werden. Im Mittelpunkt sollte nicht das Tempo oder der Wettkampf stehen sondern das gemeinsame Laufen für eine gute Sache. Natürlich entwickelten einige Teilnehmer auch sportlichen Ehrgeiz und versuchten manchmal noch auf den letzten Metern, die Konkurrenten abzuhängen.

Weiterlesen

Persönlicher Bericht zur Diskussionsveranstaltung am 17.04.2015 im Glasspitz in den Münchner Kammerspielen

Wann ist der Mensch tot?“ Die Debatte um Hirntod und Organspende

Zu dieser Veranstaltung hatten der Bürger- und Patientenverband „Gesundheit Aktiv, anthroposophische Heilkunst e.V.“ sowie der „Gesundheitsladen München e.V.“ eingeladen. Dank Internet kann man sich als Besucher ja schon mal entsprechende Infos über die einladenden Organisationen bzw. Vereine und auch über die Vortragenden Dott. Paolo Bavastro und Prof. Dr. med. Josef Briegel vom Klinikum Großhadern einholen. Für Paolo Bavastro, Internist und Kardiologe, Vertreter der anthroposophischen Medizin ist der Hirntod nicht der Tod des Menschen. Als „Freund“ der Transplantationsmedizin kann man ihn also nicht bezeichnen. Josef Briegel ist Intensivmediziner und Anästhesist sowie der Transplantationsbeauftragte im Klinikum Großhadern.

Weiterlesen

Organspendezahlen auch 2014 gesunken

Nach den vorläufigen Zahlen der DSO ist der Negativtrend bei den Organspenden noch nicht gebrochen. 2014 wurden deutschlandweit 3169 Organe transplantiert, 2013 waren es noch 3248.

Wundern braucht man sich darüber nicht.

Die Negativschlagzeilen über Organspende und Transplantation reißen nicht ab. Kaum ist medial etwas Ruhe eingekehrt, berichteten kürzlich verschiedene Zeitungen über den Prozess gegen einen ehemaligen Oberarzt im Krankenhaus rechts der Isar. Er soll in den in den Jahren 2009 und 2010 Blutwerte von drei Patienten auf der Warteliste manipuliert und ihnen somit eine bessere Ausgangsposition für eine Lebertransplantation verschafft haben. Wenig hilfreich war sicher auch das Bekenntnis eines Auslandskorrespondenten, der sich vor etlichen Jahren eine Niere von einem Afrikaner gekauft hat und darüber ein Buch veröffentlichte.

Bundesweiter „Trendsetter“ im Verbreiten von Nachrichten, die der Transplantationsmedizin bzw. der Organspende schaden, ist sicher die Süddeutsche Zeitung mit ihren Redakteuren Christina Berndt und Werner Bartens. Irgendwie hat man das Gefühl, dass Christina Berndt nur darauf lauert, der Transplantationsmedizin eins „auszuwischen“. Ein Ziel dieser Redakteure ist erreicht: die Spenderzahlen gehen stetig zurück, die Patienten versterben auf den Wartelisten. Die Schicksale dieser bedauernswerten Menschen werden in keinem einzigen Artikel der SZ erwähnt. Transplantationsmedizin ist für die SZ wohl „Teufelswerk“! Um hier keinen falschen Zungenschlag hinein zu bekommen: Gesetzesverstöße müssen verfolgt und entsprechend geahndet werden, ohne wenn und aber.

Der eigentliche Skandal ist aber doch, dass es in Deutschland zu wenige Spender gibt. In Ländern, wo die Widerspruchslösung geltendes Recht ist, z.B. in Spanien oder Österreich, warten Organempfänger wesentlich kürzer auf das ersehnte Organ, als in diesem Land. Spanien ist in Europa führend mit 36 Spendern pro 1 Million Einwohner, in Österreich spenden 24 und in Deutschland ungefähr 12.

Politiker, Ethiker, Theologen usw. begründen diesen Zustand immer mit dem gleichen Argument: bei uns ist die Widerspruchslösung nicht durchsetzbar! Warum eigentlich nicht? Ein Grund ist, dass mit diesem Thema keine Wahlen zu gewinnen sind. Die hier Beteiligten: Kranke, Angehörige, Freunde usw. stellen einfach ein zu geringes Stimmenpotential dar. Sehr wohl könnte man unter Umständen aber eine Wahl verlieren. Man stelle sich vor, es wird bei einem Hirntodprotokoll eine Kleinigkeit vergessen zu notieren, wie es schon passiert ist. Sofort „stürzt“ sich Frau Berndt von der SZ auf diesen Umstand und schreibt einen Artikel mit dem Tenor, der Hirntod wird meist nicht korrekt diagnostiziert, die Organspender leben bei der Spende noch. Wenn sich jetzt ein Politiker von der Partei X oder Y vorher für die Widerspruchslösung und pro Organspende stark gemacht hätte, käme er nun in Teufels Küche und wäre evtl. seinen Wahlkreis los. Somit lehnt sich hier keiner groß aus dem Fenster.

Gibt es überhaupt noch einen Lichtblick für die Transplantationsmedizin und die Organspende?

Der Autor dieses Artikels sieht nicht den berühmten Silberstreif am Horizont, sondern ist pessimistisch eingestellt. Woher sollen denn Änderungen kommen? Die Politik interessiert sich nicht dafür, die unmittelbar Beteiligten, auch wenn sie in Selbsthilfegruppen o.ä. organisiert sind, haben so gut wie keinen Einfluss. Die DSO versucht mit der Implementierung von Transplantationsbeauftragten in den Kliniken die Lage zu verbessern. Bisher aber auch nur mit mäßigem Erfolg.

Am 17.04.2015 ist eine Podiumsdiskussion in München mit dem Thema „Wann ist der Mensch tot?“

-Die Debatte um Hirntod und Organspende-

Mit Dott. Paolo Bavastro, der die These vertritt, dass der Hirntod nicht der Tod des Menschen ist und die Organspender sozusagen lebendig „ausgeschlachtet“ werden. Erfahrungsgemäß können solche Transplantationsgegner das Publikum relativ leicht auf ihre Seite ziehen. Berichte vom Leid und der Verzweiflung von Betroffenen, die auf der Warteliste für Organe stehen, und deren Angehörigen werden bei solchen Veranstaltungen ignoriert.

Wie heißt es in Bertholt Brechts „Der gute Mensch von Sezuan“: Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen, den Vorhang zu und alle Fragen offen.

Karl Votz-Siegemund

Dramatischer Rückgang der Organspenden 2013

Katastrophale Situation für potentielle Organempfänger

Am 15.01.2014 meldete die DSO (Deutsche Stiftung Organtransplantation) in einer Pressemitteilung: „Nach dem starken Rückgang der Organspenden in 2012 hat sich diese dramatische Entwicklung in 2013 noch weiter verschärft. Die Zahl der Organspender ist bundesweit um 16,3 Prozent von 1.046 Spender in 2012 auf lediglich 876* gesunken. Dies entspricht einem Durchschnitt von 10,9 Spendern pro eine Million Einwohner, in 2012 waren es noch 12,8 Spender pro eine Million Einwohner“.

Für Patienten, die auf der Warteliste für Organe stehen, ist diese Situation mehr als dramatisch. Man kann davon ausgehen, dass etwa 1000 Patienten pro Jahr auf dieser Warteliste versterben, weil kein passendes Organ zur Verfügung steht. Als Grund für den Rückgang wird nun meist der sogenannte „Transplantationsskandal“ genannt. In vielen Medien wird auch von einem „Organspendeskandal“ gesprochen, was eigentlich Blödsinn ist und die Organspender diskreditiert. Sicherlich haben die Manipulationen der Warteliste durch einige wenige Transplantationsmediziner das Vertrauen der Bevölkerung in die gerechte Vergabe von Organen massiv untergraben. Fakt ist aber auch, dass es sich doch mehr oder weniger um Einzelfälle handelte, 99 % aller Transplantationen sind regelhaft verlaufen. Alle verdächtigen Fälle wurden mittlerweile von Expertenkommissionen überprüft und ein beteiligter Arzt muss sich derzeit vor Gericht verantworten. Zu einer Verurteilung kam es bisher noch nicht.

Der eigentliche Skandal besteht somit nicht darin, dass einige Patienten auf der Warteliste nach oben getrickst wurden, sondern in der skandalös geringen Zahl der Organspenden!

Als Hauptursache für unsere bescheidene Organspendebilanz sehe ich die gesetzliche Regelung. Während in Ländern mit der sogen. Widerspruchslösung die Spenderzahlen erheblich größer und dementsprechend die Wartelisten entsprechend kürzer sind, wird Deutschland mit ca.10 Spendern pro einer Million Einwohner bald das Schlusslicht in Europa sein. So darf und kann es nicht weitergehen. Von den zuständigen Politikern und Entscheidungsträgern hört man in diesem Zusammenhang nur immer die selben Floskeln: „eine Widerspruchslösung ist bei uns nicht durchsetzbar“ oder „wir Deutsche sind da noch nicht soweit“ , „so etwas kann man den Leuten nicht zumuten“ usw.. Ich frage mich hier wirklich: Was unterscheidet uns denn von unseren Nachbarländern Österreich, Belgien, Spanien um nur ein paar Länder zu nennen, die die Widerspruchslösung praktizieren?

Nachdem zum 01.11.2012 das Transplantationsgesetz von der bis dahin geltenden erweiterten Zustimmungslösung hin zur Entscheidungslösung modifiziert wurde, haben nun die Krankenkassen und andere Stellen die Aufgabe, die Bevölkerung über Organspende und Transplantation aufzuklären. Dabei soll jeder Bürger auch befragt werden, ob er Organspender sein möchte. Wie ich beispielsweise in entsprechenden Foren im Internet lesen konnte, empfinden viele diese Aufforderung, sich zu entscheiden schon als große Zumutung und Belästigung und werfen die Informationsbroschüre mit Organspendeausweis sofort in den Papierkorb. Keiner denkt in diesem Moment vermutlich daran, wie schnell er selber so krank werden kann, dass er nur mit einem gespendetem Organ überleben kann?

Eine Verpflichtung sich zu entscheiden besteht übrigens nicht! Das wäre ja wieder unzumutbar.

Die Israelis haben hier einen pragmatischen Weg gefunden, indem sie Bürger, die einer evtl. Organspende zustimmen auch bei einer eventuell notwendigen Organtransplantation bevorzugen.

Was können wir Betroffenen selber tun, um die Situation zu verbessern?

Ein Anfang wäre schon, wenn alle Betroffenen die Selbsthilfegruppen und Interessengemeinschaften unterstützen würden, die sich für die Organspende einsetzen und auch selbst nach Möglichkeit mithelfen würden. Dies kann beispielsweise durch aktive Mitarbeit bei Infoständen am Tag der Organspende, Verteilen von Organspendeausweisen usw. geschehen. Wer das nicht möchte, sollte wenigstens passives Mitglied werden. Wenn man als Verband mit vielen Mitgliedern gegenüber Entscheidungsträgern auftritt, hat das natürlich gleich mehr Gewicht.

Im Gespräch mit Verwandten, Freunden, Nachbarn usw. sollten wir alle die dramatische Situation der Organspende thematisieren. Vielleicht überlegt sich dann der eine oder andere doch noch, nach dem Tod seine Organe zur Verfügung zu stellen? Das ist alles sehr anstrengend und nicht gerade populär. Aber, wir können dabei nicht viel verlieren, eigentlich nur gewinnen. In der Geschichte der „Bremer Stadtmusikanten“ heißt es: „etwas Besseres als den Tod, finden wir allemal“. Genau so ist es!

Vortrag – Medizinische Probleme nach einer Nierentransplantation

Der Chefarzt der Klinik für Nieren- und Hochdruckerkrankungen und Klinische Immunologie am Klinikum Harlaching, PD Dr. med. Clemens Cohen, referierte über medizinische Probleme die nach der Transplantation auftreten können.

PD Dr. med. Clemens Cohen, Medizinische Probleme bei der Nierentransplantation

Auf der ersten Folie wurden zwei konträre Patientenmeinungen wiedergegeben:

Das größte Geschenk meines Lebens“ oder „Ich wünschte es wäre nie passiert“.

Als Herr Cohen dann anhand einer Graphik das Risiko nach einer Transplantation zu sterben höher darstellte, als wenn man mit der Dialyse behandelt wird, fühlten sich die Zuhörer bestätigt, die einer Transplantation skeptisch gegenüberstehen. Leider haben sie die Graphik nicht genau angeschaut: das erhöhte Sterberisiko besteht nur etwa drei bis vier Monate nach dem Eingriff, später sinkt das Risiko hochsignifikant.

Wenn die Nierenfunktion nach der Transplantation schlecht ist, gibt es grundsätzlich drei Ansatzpunkte, so Cohen. Die Gründe können „vor“ der Niere liegen, z.B. eine Nierenarterienstenose, „in“ der Niere, beispielsweise eine tubolointerstitielle Abstoßung oder vaskuläre Abstoßung oder „nach“ der Niere, wie eine Lymphocele.

Die möglichen Komplikationen seien vielfältig, könnten aber in den meisten Fällen gut beherrscht werden. In den ersten Wochen nach der Transplantation treten gehäuft im Krankenhaus erworbene Infekte wie Lungenentzündungen, Kathederinfekte oder Harnwegsinfekte auf. Auch chirurgische Komplikationen, z.B. Wundinfekte, sind möglich.

Die Liste mit Infekten, die im ersten Halbjahr auftreten können wird leider noch länger:

Virale Infekte aus der Herpesvirus Familie (Varizellen, Zytomegalie…), Leberentzündungen, Polyomaviren usw.

Als klassisch opportunistische Erreger spielen auch Pilze eine große Rolle.

Die unverzichtbare immunsuppressorische Therapie besteht zunächst aus drei verschiedenen Medikamenten: Calcineurin-Inhibitor (Cyclosporin), einem Antimetaboliten (Mycophenolat) und einem Stereoid (Prednison). Herr Cohen bezog sich hierbei auf ein Therapieschema des Universitätsspitals Zürich, wo er vor seiner Tätigkeit in Harlaching gearbeitet hat.

Die Nebenwirkungen dieser hochwirksamen Medikamente sind beträchtlich. So kommt es unter Cyclosporin häufig zu einem Bluthochdruck und das Cortison ist mitverantwortlich für den Postransplantations-Diabetes, den etwa jeder 10. Nierentransplantierte „erwirbt“. Nicht zuletzt deswegen versucht man das Cortison so schnell wie möglich zu reduzieren bzw. abzusetzen.

Durch einen häufig erhöhten Blutdruck oder eine Erhöhung der Blutfette (Hyperlipidämie) ist das kardiovaskuläre Risiko entsprechend erhöht. Abhilfe schaffen können hier blutdrucksenkende Medikamente bzw. Lipidsenker.

Bei seinen Ausführungen legte Clemens Cohen sehr viel Wert auf das Thema Krebsprävention.

Ein jährliches Screening durch Hautarzt, Gynäkologen und Urologen sei obligatorisch.

Hautläsionen sollten „aggressiv“ angegangen werden. Am besten sei man hier in Spezialambulanzen aufgehoben. Ein Dermatologe, der normalerweise keine immunsupprimierten Patienten behandle, könne manchmal Hauterscheinungen nicht richtig zuordnen.

Unser großes Dankeschön an Herrn Dr. Cohen für den sehr interessanten Vortrag und für seine Engelsgeduld, die anschließenden Fragen zu beantworten.

Wir wissen es sehr zu schätzen, wenn ein renommierter Spezialist für Nierenerkrankungen zu einer Selbsthilfegruppe kommt und noch dazu am ersten sonnigen Tag des Jahres!

Vortrag: „Immunsuppressiva, Nebenwirkungen im Verlauf“

Vortrag im Rahmen unseres Stammtisches am 14.10.2012:

Immunsuppressiva, Nebenwirkungen im Verlauf“

Referent: Prof. Dr. med. Lutz Renders, Transplantationsexperte vom Krankenhaus rechts der Isar, München

Immunsuppressiva, Nebenwirkungen im Verlauf – Referent: Prof. Dr. med. Lutz Renders, Transplantationsexperte vom Krankenhaus rechts der Isar, München

Nach anfänglichen technischen Schwierigkeiten (Unser Vereins-Laptop konnte leider mit dem Dateityp von Prof. Renders nichts anfangen, wir waren sehr froh, dass Michael Göbl, unser IT-Experte anwesend war und das Problem behob!) begann Herr Renders mit seinem interessanten Vortrag über die Nebenwirkungen der Immunsuppression.

Da das Krankenhaus rechts der Isar momentan im Focus des „Vergabeskandals“ von transplantierten Lebern steht, ging er kurz auf die Situation ein und meinte nur: „Das was in der Presse steht, stimmt nur zu etwa 50%“. Außerdem müsse jeder Einzelfall genau untersucht werden. Er selber sei für die Nierentransplantationen zuständig und habe mit Lebern nichts zu tun.

Die Qualität der Organe sei in den letzten Jahren schlechter geworden, so Herr Renders. Dies hängt zusammen mit dem wesentlich höherem Alter der Spender, die natürlich häufig auch Vorerkrankungen hatten. Früher hätte man solche „marginalen“ Organe nicht transplantiert, während man heute froh sei, auch mit diesen Organen Patienten helfen zu können.

Durch das Old-for-Old-Programm oder ESP (Eurotransplant-Senior-Programm) würden rein statistisch auch die durchschnittlichen Überlebenszeiten der Organe kürzer, da ältere Organe nun mal nicht solange funktionieren.

Auch mit einer neuen Niere, sei man nicht gesund, eine lebenslange Nachsorge mit entsprechender Blutdrucküberwachung und -einstellung ist zwingend erforderlich, um das Organ möglichst lange zu erhalten. Durch die Kombination verschiedener Immunsuppressiva überleben heute 97% der transplantierten Nieren das erste Jahr. Hier könne man vermutlich nichts mehr verbessern.

Betrachtet man die Überlebenszeit von nierenkranken Patienten, so ist die Transplantation als Therapieform der Dialyse eindeutig überlegen. Herr Renders zeigt dies anhand von zwei Graphiken.

In der Einzelfallprüfung müsse aber genau abgewogen werden, mit welcher Therapie der jeweilige Patient am meisten profitiert. Dies könne bei dem ein oder anderen durchaus die Dialyse sein.

Immunsuppressiva, Nebenwirkungen im Verlauf – Referent: Prof. Dr. med. Lutz Renders, Transplantationsexperte vom Krankenhaus rechts der Isar, München

Die Hauptnebenwirkungen der Immunsuppressiva sind eine erhöhte Infektanfälligkeit sowie ein höheres Risiko, an einem bösartigem Tumor zu erkranken. Üblicherweise gebe man nach der Transplantation eine Dreierkombination von Immunsuppressiva, wobei meist die Steroide (Cortison) nach etwa drei bis sechs Monaten reduziert bzw. abgesetzt werden könnten.

Um das Risiko eines neu auftretenden Diabetes zu vermindern, würde man bei entsprechender Familienanamnese, z.B. kein Prograf verordnen, sondern ein anderes Medikament geben. Die Immunsuppression kann also individuell abgestimmt werden. Zwei schweren Krankheitsbildern, die nach einer Transplantation auftreten können (CMV-Infektion verursacht durch das Cytomegalievirus und der Pneumocystis jirovecii, eine Form der Lungenentzündung) kann man mit einer prophylaktischen Therapie begegnen und so evtl. den Ausbruch verhindern oder abschwächen.

Interessant war noch, dass es bei den Lipidsenkern sehr wohl Unterschiede gibt und bei nierentransplantierten Patienten Simvastatin (Zocor) eher ungünstig ist und Pravastatin bevorzugt verordnet werden sollte. Simvastatin hätte, so Renders, ein höheres Interaktionspotential mit anderen Medikamenten, beispielsweise mit bestimmten Antibiotika.

Welche „Botschaften“ können wir mit nach Hause nehmen (take home Messages):

-auch mit einer transplantierten Niere ist man nicht gesund

-Transplantation ist ohne Medikamente nicht möglich

-viele Nebenwirkungen sind bekannt und können z.T. auch behandelt werden

-nicht alle Alternativen der Immunsuppression sind für jeden Patienten geeignet

-Nachsorge ist von größter Bedeutung für das Überleben des Transplantats und der Patienten

Immunsuppressiva, Nebenwirkungen im Verlauf – Referent: Prof. Dr. med. Lutz Renders, Transplantationsexperte vom Krankenhaus rechts der Isar, München

Wir danken Herrn Professor Renders sehr für seinen engagierten Vortrag. Wir wissen es zu schätzen, wenn ein vielbeschäftigter Arzt einen Sonntagnachmittag „opfert“, um Mitgliedern einer Selbsthilfegruppe Nebenwirkungen von Medikamenten zu erklären.