Für unseren Stammtisch am 17.11.2019 im Hofbräu Obermenzing konnten wir den stellvertretenden Leiter des DIZ (Dialyse im Zentrum) Nephrocare GmbH Herrn Dr. med. Jörg Franke als Referenten gewinnen. Er ist als Internist und Nephrologe bestens geeignet, uns erstmal die verschiedenen Dialyseverfahren vorzustellen und vor allem über neue Entwicklungen auf diesem Gebiet zu berichten. Kein Verfahren kann die eigenen Nieren 1:1 ersetzen. Eine Niere hat etwa eine Million Nephronen (Nierenkörperchen) und „arbeitet“ 24 Stunden am Tag. Die nähere Zukunft liegt in der Entwicklung von tragbaren Dialysemaschinen bzw. tragbaren Bauchdialysesystemen, so Dr. Franke.
Ein nicht unerheblicher Anteil der Nierenpatienten wartet auf eine Transplantation. Sie sind während dieser Zeit auf die Behandlung mit Dialyse angewiesen, denn sie leben ja mit eingeschränkter bzw. gar keiner Nierenfunktion und würden die vielen Jahre, die bis zur Transplantation vergehen, nicht überleben.
Herr Dr. Franke zeigte in seinem Vortrag die verschiedenen Möglichkeiten der Behandlung auf und skizzierte einen integrativen Behandlungspfad, der geleitet vom Grad der Erkrankung und deren Auswirkungen die jeweils richtige Behandlungsmethode aus den Möglichkeiten heraussucht. Bei dieser Entscheidung stellt er den Patienten und seine Präferenzen in den Focus.
Sein sehr anschaulicher mit Folien unterstützter Vortrag zeigte auf, welche Möglichkeiten sich heute dem Patienten bieten. Von der Hämodialyse im Zentrum und ihre Varianten über die Peritonealdialyse und schließlich die Heimhämodialyse. Sein Vortrag skizzierte das Behandlungsspektrum mit seinen Vor- und Nachteilen. Die Frage, wie auch während der Dialysebehandlung die noch vorhandenen Funktionen, wie etwa die Ausscheidung der Niere möglichst erhalten werden, beantwortete er mit Ergebnissen verschiedener Studien.
Hämodialyse:
Erfordert einen Zugang am Arm. Bei der sogenannten Shuntanlage, eine Gefäßoperation, wird eine Vene des Arms mit einer Arterie verbunden, so dass das Herz ständig ca. 1,5 Liter Blut im Kurzschluss befördert. Je nach Zentrum hat der Patient die Möglichkeit, sich für fest getaktete Behandlungszeiten zu entscheiden. Auch bieten manche Zentren die Möglichkeit der Nachtdialyse und einer „limited care“ – Dialyse an, bei der die Eigenverantwortung des Patienten sehr im Vordergrund steht (Stichwort: Heimdialyse im Zentrum). Die Hämodialyse hat Auswirkungen auf Arbeits- und Sozialleben, durch die zeitliche Inflexibilität und den zeitlichen Umfang, der ca. 20 Stunden pro Woche beträgt. Durch eine sorgfältige Planung ist es möglich, Urlaubsreisen zu machen, jedoch mit der Einschränkung, dass eine Behandlungsmöglichkeit vor Ort vorhanden sein muss und auch ein Dialyseplatz in diesem Zentrum zur Verfügung steht. Die durchschnittliche Lebensdauer des für die Dialyse zwingend benötigten Zugangs liegt bei etwa 10 Jahren.
Egal ob im Zentrum oder zu Hause- hat sich Bewegung z.B. mit einem Bettfahrradergometer als sehr günstig herausgestellt. Es kommt so zu weniger Blutdruckabfällen, Verbesserung der Herzfunktion und somit auch zu einer Verlängerung der Lebenszeit.
Wenn das durch die Dialysemaschine laufende Blut um ein halbes Grad gesenkt wird (kühle Dialyse – dreimal Körpertemperatur messen und 0,5°C abziehen) kommt es zu weniger Durchblutungsstörungen im ganzen Körper und damit auch zu einer effizienteren Dialyse.
Peritonealdialyse:
Auch hier wird ein Zugang, hier jedoch an der Bauchdecke, angelegt. Mittels dieses Zuganges wird Dialysat, eine für den Patienten abgestimmte Dialyseflüssigkeit in den Bauchraum eingefüllt. Im zeitlich festgelegtem Rhythmus wird die Füllung gewechselt. Auch hier gibt es Varianten, die mit dem Patienten und den jeweiligen Lebensgewohnheiten abgestimmt werden können. Vorteil dieses Verfahrens ist, dass eine räumliche und zeitliche Flexibilität um z.B. den Beruf weiter ausüben zu können, gegeben ist. Auch Dienst- und Urlaubsreisen sind möglich, indem das für die Dialyse benötigte Material voraus zum Zielort geschickt wird. Die Peritonealdialyse erfordert eine kontinuierliche, sprich tägliche Behandlung. In der Regel muss jeden Tag 4 mal gewechselt werden. Alternativ kann auch nachts eine Maschine (Cycler) automatisch die Dialyseflüssigkeit wechseln. Je nach Verlauf ist es möglich, einen Pausentag in der Woche einzulegen. Das Risiko einer Bauchfellentzündung, das bei diesem Verfahren besteht, kann durch entsprechend sauberes und steriles Arbeiten vermieden werden. Es kommt jedoch im Schnitt zu mindestens einer Entzündung in vier Jahren, welche eine sofortige Antibiose erfordert. Die Peritonealdialyse erfordert auch eine tägliche zeitliche Einschränkung, bietet aber mehr Flexibilität und Selbstbestimmung als die Hämodialyse.
Heimhämodialyse:
Hier kommt das gleiche Verfahren, wie bei der Zentrumsdialyse beschrieben, zum Einsatz. Der wesentliche Unterschied ist, dass der Patient die Behandlung selbst und zuhause durchführen kann. Hierzu ist ein Umbau des Wohnraumes erforderlich und es muss ein Lager für medizinisches Material vorgehalten werden. Der Patient führt die Behandlung eigenverantwortlich durch. Sein bisher behandelndes Zentrum versorgt ihn mit dem Verbrauchsmaterial und alle 6 Wochen wird eine sogenannte Referenzdialyse im Zentrum durchgeführt, bei der auch die Blutwerte kontrolliert werden. Vorteile sind vor allem die zeitliche Flexibilität und die individualisierteren Behandlungsmöglichkeiten. So lässt sich z.B. die Behandlungszeit verlängern und das lange Wochenendintervall fällt weg. Mit der erforderlichen Disziplin hat der Heimhämodialysepatient bessere Blutwerte. Der Nachteil ist die Erfordernis alles selbst zu machen und sich damit kontinuierlich auseinander zu setzen.
In diesem Bereich ist mit technischen Innovationen zu rechnen. In Amerika und Großbritannien wird bereits jetzt ein System eingesetzt, welches die Heimhämodialyse mit wesentlich weniger Aufwand ermöglicht. Vorteile von diesem System (NxStage) sind weniger Wasserverbrauch. Nachteil ist das damit noch mehr Müll erzeugt wird und dass die Behandlung täglich durchzuführen ist → ähnlich wie bei der Peritonealdialyse.
Wir bedanken uns sehr bei Herrn Dr. Franke für seinen hervorragenden Vortrag und wissen es sehr zu schätzen, wenn ein Referent einen Sonntagnachmittag für eine Selbsthilfegruppe „opfert“. Großes Lob!