Der Chefarzt der Klinik für Nieren- und Hochdruckerkrankungen und Klinische Immunologie am Klinikum Harlaching, PD Dr. med. Clemens Cohen, referierte über medizinische Probleme die nach der Transplantation auftreten können.
Auf der ersten Folie wurden zwei konträre Patientenmeinungen wiedergegeben:
„Das größte Geschenk meines Lebens“ oder „Ich wünschte es wäre nie passiert“.
Als Herr Cohen dann anhand einer Graphik das Risiko nach einer Transplantation zu sterben höher darstellte, als wenn man mit der Dialyse behandelt wird, fühlten sich die Zuhörer bestätigt, die einer Transplantation skeptisch gegenüberstehen. Leider haben sie die Graphik nicht genau angeschaut: das erhöhte Sterberisiko besteht nur etwa drei bis vier Monate nach dem Eingriff, später sinkt das Risiko hochsignifikant.
Wenn die Nierenfunktion nach der Transplantation schlecht ist, gibt es grundsätzlich drei Ansatzpunkte, so Cohen. Die Gründe können „vor“ der Niere liegen, z.B. eine Nierenarterienstenose, „in“ der Niere, beispielsweise eine tubolointerstitielle Abstoßung oder vaskuläre Abstoßung oder „nach“ der Niere, wie eine Lymphocele.
Die möglichen Komplikationen seien vielfältig, könnten aber in den meisten Fällen gut beherrscht werden. In den ersten Wochen nach der Transplantation treten gehäuft im Krankenhaus erworbene Infekte wie Lungenentzündungen, Kathederinfekte oder Harnwegsinfekte auf. Auch chirurgische Komplikationen, z.B. Wundinfekte, sind möglich.
Die Liste mit Infekten, die im ersten Halbjahr auftreten können wird leider noch länger:
Virale Infekte aus der Herpesvirus Familie (Varizellen, Zytomegalie…), Leberentzündungen, Polyomaviren usw.
Als klassisch opportunistische Erreger spielen auch Pilze eine große Rolle.
Die unverzichtbare immunsuppressorische Therapie besteht zunächst aus drei verschiedenen Medikamenten: Calcineurin-Inhibitor (Cyclosporin), einem Antimetaboliten (Mycophenolat) und einem Stereoid (Prednison). Herr Cohen bezog sich hierbei auf ein Therapieschema des Universitätsspitals Zürich, wo er vor seiner Tätigkeit in Harlaching gearbeitet hat.
Die Nebenwirkungen dieser hochwirksamen Medikamente sind beträchtlich. So kommt es unter Cyclosporin häufig zu einem Bluthochdruck und das Cortison ist mitverantwortlich für den Postransplantations-Diabetes, den etwa jeder 10. Nierentransplantierte „erwirbt“. Nicht zuletzt deswegen versucht man das Cortison so schnell wie möglich zu reduzieren bzw. abzusetzen.
Durch einen häufig erhöhten Blutdruck oder eine Erhöhung der Blutfette (Hyperlipidämie) ist das kardiovaskuläre Risiko entsprechend erhöht. Abhilfe schaffen können hier blutdrucksenkende Medikamente bzw. Lipidsenker.
Bei seinen Ausführungen legte Clemens Cohen sehr viel Wert auf das Thema Krebsprävention.
Ein jährliches Screening durch Hautarzt, Gynäkologen und Urologen sei obligatorisch.
Hautläsionen sollten „aggressiv“ angegangen werden. Am besten sei man hier in Spezialambulanzen aufgehoben. Ein Dermatologe, der normalerweise keine immunsupprimierten Patienten behandle, könne manchmal Hauterscheinungen nicht richtig zuordnen.
Unser großes Dankeschön an Herrn Dr. Cohen für den sehr interessanten Vortrag und für seine Engelsgeduld, die anschließenden Fragen zu beantworten.
Wir wissen es sehr zu schätzen, wenn ein renommierter Spezialist für Nierenerkrankungen zu einer Selbsthilfegruppe kommt und noch dazu am ersten sonnigen Tag des Jahres!